Sprungmarken

 

Teilprojekt C1 im FK 560 "Lokales Handeln in Afrika im Kontext globaler Einflüsse"

SFB/FK 560

Von 07/2003 bis 12/2004

Projektleiter: Erwin Beck, Franz Rottland
Mitarbeiter: Mohamed Pakia

Das Teilprojekt ist auf das Wohngebiet der Digo ausgerichtet, die eine von neun Untergruppen der Mijikenda an der kenianischen Küste darstellen. Kennzeichnend für alle Mijikenda ist der Gruppenbesitz von Kayas ("heiligen Wäldern"). Botanisch zeichnen sich die Kayas durch größeren Artenreichtum aus. Das „Expertenwissen“ der Kaya-Elders soll ermittelt und in seiner Systematik mit der wissenschaftlichen Botanik kontrastiert werden. Dies erlaubt zunächst einen statischen Vergleich zwischen einem lokalen und einem (vom Anspruch her) universalen botanischen Kognitionssystem. Das Expertenwissen ist aber nicht repräsentativ für die heutige Digo-Gesellschaft. Es gibt zudem Anzeichen dafür, dass dieses Wissen mit der globalen, d.h. wissenschaftlichen Botanik und deren Begrifflichkeit konkurriert (z.B. in der Schule und in der landwirtschaftlichen Fortbildung). Für die Erforschung des lokalen Wissenssystems und dessen Kontrastierung mit dem universalen System wurde ein neuer botanisch-linguistischer Forschungsansatz entwickelt, bei dem zum einen das sprachlich (begrifflich) fixierte Wissen und das außersprachliche (im Handeln erkennbare) Wissen in gleicher Weise untersucht wird. Zum anderen werden erstmalig die Feldforschungsmethoden und –werkzeuge gemeinsam von beiden Disziplinen entwickelt und benutzt, während bisher bei ethnobotanischer Forschung nur jeweils eine Disziplin der anderen Hilfestellung leistete. In der zweiten Phase wird das Eindringen der wissenschaftlichen Botanik als globales Element über die Schulen, die Hochschulen und über die landwirtschaftliche Beratung in das Gebiet der Digo untersucht. Ihm gegenüber steht das lokale botanische Wissen und Handeln, erfassbar als Komplex aus den drei Komponenten (1) „traditionelles“ Wissen, (2) Einfluss der wissenschaftlichen Botanik (Schule) und (3) Reaktion der Digo-Bauern auf wissenschaftsbasierte landwirtschaftliche Beratung. Die bisherigen Erkenntnisse über das lokale Digo-Wissen und das Eindringen wissenschaftlicher Botanik müssen nun im Digo-Gebiet abgesichert und räumlich und zeitlich strukturiert werden. Die derzeitigen Untersuchungen dienen einmal der Schaffung eines repräsentativen Samples, von dem bisher vor allem die Extreme (Medizinmänner und Schüler, bislang aber noch kaum Frauen) erfasst wurden. Unsere vorläufige Beurteilung der jeweiligen Stärken und Schwächen des Lokalen und des Globalen soll stärker differenziert werden, denn der bisherige Eindruck eines eher fragmentarischen und wenig kohärenten Wissens bedarf sorgfältiger Prüfung. Die Notwendigkeit, das Pflanzenwissen der Digo zeitlich und räumlich zu strukturieren, ergibt sich aus der Tatsache, dass die flächige Darstellung einerseits das historische Bewusstsein der Digo als Volk der Mijikenda ignoriert, andererseits die belegbare ehemalige Existenz einer grenzübergreifenden Küstenregion mit regem Austausch aller Mijikenda untereinander und mit den swahilisprachigen Gruppen (islamische Tradition) vernachlässigt. Es soll versucht werden, das Pflanzenwissen der Digo in Digo-spezifisches, aus dem Mijikenda ererbtes und von den Nachbarn gelerntes zu trennen. - Das Projekt wird in der 2. Phase des SFB abgeschlossen.

Letzte Änderung 15.11.2004